Füllstoffe und Additive in Kunststoffen – ein Interview mit Prof. Dr. Martin Bonnet

Maßgeschneiderte Kunststoffcompounds liegen im Trend

Warum werden Additive in Kunststoffen eingesetzt und warum Füllstoffe?
Bonnet: Nur wenige Kunststoffe sind im Rohzustand zufriedenstellend verarbeit- und verwendbar. Hitze und Luftsauerstoff würden den Kunststoff bereits bei der Verarbeitung signifikant schädigen. Aber auch bei möglichen Lagerungen oder spätestens beim Gebrauch wird das Kunststoffbauteil Umwelteinflüssen ausgesetzt, die über kurz oder lang zu einer deutlichen Schädigung und damit zu Einbußen in den Materialeigenschaften führen würden. Zu diesen Umweltbedingungen gehören alle flüssigen und gasförmigen Medien, mit denen der Kunststoff in Kontakt kommen kann, energiereiche Strahlung – allem voran der UV-Anteil aus dem Sonnenlicht – und ggf. erhöhte Temperaturen. Nicht nur, um den Kunststoff verarbeitbar zu machen und vor den genannten Umwelteinflüssen zu schützen, sondern auch um Eigenschaften und das Aussehen zu optimieren, werden in Kunststoffen eine Vielzahl von Additiven eingesetzt. Erst diese Additive sind es, die aus vielen Kunststoffen effektive Werkstoffe machen. Neben den Additiven sind auch die verschiedensten Füllstoffe heutzutage aus Kunststoffen nicht mehr wegzudenken. Diesen Umstand verdanken sie nicht nur der Tatsache, dass sie in aller Regel zur Kostensenkung beitragen, sondern durch immer besser angepasste Typen und Neuentwicklungen viele Produkteigenschaften überhaupt erst ermöglichen.

Sind diese vielfältigen Möglichkeiten der Hauptgrund für den Erfolg des Werkstoffes Kunststoff?
Bonnet: Sicherlich wären hier noch viele andere wichtige Eigenschaften des Werkstoffes Kunststoff, wie beispielsweise seine geringe Dichte zu nennen, aber natürlich erlauben Additive und Füllstoffe die Eigenschaften der Kunststoffe noch einmal ganz gezielt auf die jeweilige Anwendung hin zu optimieren. Dadurch lassen sich mit verhältnismäßig wenigen Kunststoffen ein breites Eigenschaftsspektrum durch die richtige Rezepturentwicklung abdecken.


Gibt es heutzutage noch Kunststoffe, die nicht maßgeschneidert sind?
Bonnet: Eigentlich so gut wie nicht mehr. Ein Gutteil der Füllstoffe und Additive wird in aller Regel bereits beim Formmassenhersteller, dem so genannten Compoundeur zugegeben. Da bei einigen Kunststoffverarbeitungsmethoden eine Einarbeitung von Füllstoffen und Additiven nur schwer zu realisieren ist, beziehen diese Verarbeiter fertige Formmassen (Compounds) beim Compoundeur. Bei vielen anderen Kunststoffverarbeitungsmethoden können aber auch bei der Endverarbeitung noch Füllstoffe und Additive zugesetzt werden. 

Wie sicher sind nach Ihrer Einschätzung Lieferketten? Bei komplizierten Produkten mit vielen Additiven besteht auch ein gewisses „Ausfallrisiko“ einzelner Bestandteile, oder?
Bonnet: Ich denke, dass das Ausfallrisiko beherrschbar ist, da es kaum Füllstoffe und Additive gibt, die nur von einem Hersteller angeboten werden. Hier tun alle Verarbeiter deshalb gut daran, diese von verschiedenen Herstellern ausgetestet und freigegeben zu haben.

Sie unterstützen das SKZ beim Seminar "Füllstoffe und Additive" seit vielen Jahren.
Was macht die Veranstaltung so interessant?

Bonnet: Was diese Veranstaltung so interessant macht, ist die Vielzahl von Referenten aus der Füllstoff- und Additiv-Industrie, die über die Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten der gängigsten Füllstoffe und Additive berichten. Üblicherweise stehen alle Referenten nicht nur nach den Vorträgen für Fragen zu Verfügung, sondern sind beide Tage der Veranstaltung für die Teilnehmer als Ansprechpartner vor Ort, so dass es sehr gute Möglichkeiten zur Vernetzung unter Teilnehmern und Referenten gibt. In den vielen Jahren haben sich bereits schon spannende Kooperationen ergeben, so dass auch die Referenten jedes Jahr gerne wieder mit dabei sind. Im Rahmen der Veranstaltung erlangen die Teilnehmer wichtiges Know-How für den optimalen gewinnbringenden Einsatz von Füllstoffen und Additiven in Kunststoffen, das deutlich über Inhalte hinaus geht, die in klassischen Ausbildungen oder auch Studiengängen vermittelt werden.
Ein Netzwerktreff, der deutschlandweit und auch in der DACH Region seit vielen Jahren als Branchentreff bekannt ist.

Wir  freuen uns nach 2 Jahren pandemiebedingter Pause im November hoffentlich wieder viele Teilnehmer in Peine (Niedersachsen) begrüßen zu dürfen.

Weitere Informationen zum Kurs Füllstoffe und Additive in Kunststoffen