Cycloolefin-Copolymere (COC): Schlüsselkomponente für recyclebare Minimalverpackungen

TOPAS Advanced Polymers GmbH

Die Umsetzung der europäischen Verpackungsverordnung (PPWR) erfordert die Entwicklung funktional optimierter, recyclingfähiger Verpackungsmaterialien. Eine vielversprechende Lösung dafür bieten Cycloolefin-Copolymeren (COC), die als Hochleistungs-Polyolefine die Materialeigenschaften von Verpackungen aus Polyethylen und Polypropylen gezielt steuern, indem sie ihre Steifigkeit, Barriere, Siegelverhalten und Thermoformbarkeit optimieren.

Meilensteine der COC-Entwicklung

Die Entwicklung des Metallocen-basierten COC-Produktionsprozesses geht auf die Hoechst AG zurück und begann 1990 im Rahmen eines Projekts der Polymerforschung. Mit einer Pilotanlage wurde im Jahr 1996 die Basis für das heutige industrielle Verfahren gelegt. Im Jahr 2000 nahm Ticona die Produktionsanlage in Oberhausen in Betrieb. Nach der Übernahme des COC-Geschäftes durch Daicel und Polyplastics im Jahre 2006 wurde die die TOPAS Advanced Polymers GmbH gegründet. An dem Standort Leuna wird Anfang 2026 eine neue Produktionslinie für Cycloolefin-Copolymere in Betrieb gehen, die einen zentralen Schritt zur Skalierung von COC für industrielle Anwendungen bedeutet.

Was ist COC?

COC sind amorphe Copolymere, die aus einem Cycloolefin (Norbornen) und Ethylen bestehen. Ihre  Eigenschaften lassen sich durch das Verhältnis dieser beiden Monomere variieren. Mit steigendem Norbornen-Anteil erhöht sich die Glastemperatur (Tg), ein maßgeblicher Parameter für die thermische Belastbarkeit eines Kunststoffes. So lassen sich Wärmeformbeständigkeiten von bis zu 170 °C realisieren. COC sind durch den unregelmäßigen Einbau des Norbonen in die Polymerkette amorph und damit glasklar. Sie besitzen eine hohe Steifigkeit von bis zu 3.200 MPa und bieten eine hervorragende Wasserdampfbarriere. COC sind kompatibel zu den Standard-Polyolefinen Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), was sie in diesem Kreislauf recyclingfähig macht.

Systematik und Typenvielfalt

TOPAS bietet über verschiedene COC-Typen ein breites Spektrum für unterschiedliche Verpackungsanwendungen. Neben dem Molekulargewicht ist die Glasübergangstemperatur (Tg) entscheidend für die Eigenschaften und damit für die Anwendung.

 

Vorteile für die Verpackungsentwicklung

1. Mechanische Eigenschaften

Was COC für den Einsatz bei Verpackungen interessant macht, ist seine hohe Steifigkeit - eine zentrale Eigenschaft, wenn es darum geht, Material zu reduzieren, ohne auf Stabilität zu verzichten. Der angebotene Typ 8007 hat ein Zugmodul von über 2.000 MPa. Schon geringe Mengen, etwa 10 % in einem Blend mit PE können die Steifigkeit eines Materials erheblich erhöhen. Dies ermöglicht den Einsatz dünnerer Folien – sogenanntes „Downgauging“ – ohne mechanische Einbußen. Eine festere, steifere Siegelschicht führt zugleich auch zu einem besseren Siegelverhalten und ermöglicht Hochgeschwindigkeitsprozesse beim Verpacken.

 

2. Temperaturbeständigkeit

Verschiedene COC-Typen bleiben fast bis zur jeweiligen Glasübergangstemperatur (Tg) formstabil. Im Vergleich zu PE oder PP, die bei höheren Temperaturen deutlich an Steifigkeit verlieren, besitzen die Hoch-Tg-Typen TOPAS 5013 und 6013 eine Stabilität bis 130°C. Das ist insbesondere für Anwendungen wie Heißabfüllung, Metallisierung, Bedruckung und Sterilisation vorteilhaft, bei denen thermische Belastung eine wesentliche Rolle spielt.

 

3. Barriereeigenschaften

COC bietet eine ausgezeichnete Wasserdampfbarriere - sie ist bis zu fünfmal höher als bei LLDPE - und besitzt auch eine etwas verbesserte Sauerstoffbarriere gegenüber Standard-Polyolefinen. Besonders hervorzuheben ist der Schutz gegen Aromaübertragung und polare Lösungsmittel. Hier zeigen die Werte eine Verbesserung um den Faktor 20 bis 30 im Vergleich mit reinem LLDPE. COC lässt sich auch kombinieren mit Polymeren wie Polyamid oder EVOH, wodurch zu deren guter Sauerstoffbarriere ein Feuchtigkeitsschutz hinzukommt.

 

4. Siegelverhalten

Die Integration von COC in die Siegelschicht bringt auch bei diesem Aspekt Vorteile. Sie erhöht die Steifigkeit, ohne die niedrigen Siegelansprechtemperaturen (SIT) der Polymere zu beeinträchtigen. Zudem verringert sich die Reibung, was zu besseren Maschinenlaufeigenschaften führt. Die Schwächen eines Plastomers in Bezug auf Steifigkeit und Klebrigkeit werden damit kompensiert.

5. Thermoformbarkeit

COC verbessert die Thermoformbarkeit von PE-Folien erheblich. Bereits ein COC-Anteil von 30 % führt zu hartfolienähnlichen Eigenschaften mit verbesserter Abformgenauigkeit und geringerem Rückschrumpf. Eine Konzentrationsreihe mit zunehmenden COC-Anteilen zeigt, dass sich die Kavitätenausprägung verbessert und die Durchstoßfestigkeit erhöht, wodurch ein Downgauging-Potential gegeben ist. 

Durch COC-COC-Blends lässt sich zudem das Thermoformverhalten durch Anpassung der Tg ganz gezielt einstellen bzw. anpassen. Die PE-Trays sind weiterhin vollständig rezyklierbar im definierten Polyolefinstrom.

 

6. Metallisierbarkeit

Dank der hohen Oberflächenenergie besitzt COC sehr gute Metallhaftungseigenschaften – ideal für die Aluminiummetallisierung. In Kombination mit hoher Steifigkeit, Glanz, Faltbarkeit und Barrierewirkung entstehen hochwertige Folien mit hoher Funktionalität und voller Recyclingfähigkeit.

7. Corona-Behandlung

Auch Folien mit COC-Anteilen benötigen eine Druckvorbehandlung, die die Haftung der Farbe bei Bedrucken sicherstellt. Bei der Druckvorbehandlung benötigt COC weniger Energie als PE oder PP. Die Oberflächenenergie bleibt dabei auf der Oberfläche über längere Zeit stabil, was zu Energieeinsparungen und konsistenteren Druckergebnissen führt.

Recyclingfähigkeit

Ein entscheidender Vorteil von COC liegt in seiner hervorragenden Recyclingfähigkeit im Polyolefin-Strom. Auch wenn sich die mechanischen Eigenschaften bezüglich Steifigkeit und amorpher Struktur stark von Polyethylen unterscheiden, liegt COC chemisch gesehen sehr nahe bei PE-LLD und besitzt dadurch gute Recyclingeigenschaften. Diese wurden von cyclos-HTP als auch von RecyClass bestätigt.

Praxisbeispiele für Anwendungen

1. Twist Wrap (Dreheinschlagfolie)

Traditionelle Materialien wie PET oder PVC sind schwer zu recyceln und Standard-PP bietet oft nicht die erforderliche Steifigkeit für Twist Wrap. Mit einer Struktur aus PP und COC ergibt sich eine 100 % polyolefinische, recyclingfähige Monomateriallösung, die gleichzeitig die nötige Steifigkeit für den Dead-Fold-Effekt bietet. Die Folie ist auf Standardanlagen herstellbar, metallisierbar und schützt effektiv gegen Aroma- und Feuchtigkeitsverluste.

2. Shrink Sleeves

Ein weiteres Einsatzgebiet sind Schrumpffolien, die bislang überwiegend aus PVC oder PET bestehen. COC-basierte Alternativen stellen eine rein polyolefinische Lösung dar. Sie bieten vergleichbare Schrumpfraten von über 70 %, eine hohe Steifigkeit, exzellente Bedruckbarkeit und eine niedrige Dichte. Letzteres ist wichtig für die Trennung in Flotationsprozessen und somit für ein sortenreines Recycling – etwa bei Getränkeflaschen-Etiketten. 

3. Pharma-Blister

Blisterverpackungen mit COC im Kern (eingebettet zwischen zwei PP-Schichten) stellen eine nachhaltige Alternative zu PVC/PVdC dar. Sie sind gut thermoformbar, bieten eine hohe Wasserdampfbarriere und lassen sich als Co-Extrudat oder Laminat herstellen. In Verbindung mit metallisierten COC-Folien ergibt sich die Möglichkeit, langfristig auch die Aluminium-Deckfolie zu substituieren, mit dem Ziel, eine vollständig recyclingfähige Monomateriallösung auf Polyolefinbasis zu ermöglichen.

Fazit und Ausblick

Cycloolefin-Copolymere kombinieren eine hohe Performance mit Nachhaltigkeit. Ob höhere Steifigkeit, bessere Barriere oder optimiertes Siegel- und Thermoformverhalten – COC trägt dazu bei, die Eigenschaften konventioneller Polyolefine gezielt zu verbessern. Gleichzeitig bleibt die Recyclingfähigkeit in den bestehenden PE- und PP-Strömen erhalten. Damit bietet COC nicht nur eine technische, sondern auch eine ökologische Aufwertung für modernen Verpackungslösungen.

Mit dem Kapazitätsausbau in Leuna ab 2026 wächst die industrielle Verfügbarkeit und erleichtert die industrielle Nutzung. Angesichts verschärfter EU-Recyclingvorgaben kann COC eine zentrale Rolle bei der Transformation der Branche spielen – weg von komplexen Multimaterial Aufbauten, hin zur intelligenten, hochfunktionalen Monomaterial-Lösungen.

Kurzprofil Dr. Heukelbach:

Dr. Dirk Heukelbach studierte Chemie mit dem Schwerpunkt Chemische Technologie an der TU Darmstadt. Nach beruflichen Stationen bei REHAU, TICONA und RENOLIT ist er seit Mitte 2020 bei TOPAS Advanced Polymers in Raunheim tätig. Dort arbeitet er im Bereich Technical Sales & Marketing für Anwendungen des Kunststoffs COC in Folien.