Die Zukunft der Pharmaverpackung: Zwischen Nachhaltigkeit, Hightech und globalem Marktdruck

Interpack 2026

Die Pharmaindustrie zählt zu den innovativsten und umsatzstärksten Branchen weltweit. Im Jahr 2024 setzte der europäische Pharmamarkt rund 280 Milliarden US-Dollar um. Allein in Deutschland belief sich der Umsatz im ersten Quartal 2025 auf rund 16,6 Milliarden Euro –Deutschland ist damit der größte europäische und der viertgrößte Pharmamarkt weltweit. Parallel dazu wächst die Bedeutung der Verpackungstechnologie: Sie ist nicht nur ein Mittel zur sicheren Aufbewahrung und dem sicheren Transport von Medikamenten, sondern auch ein Schlüsselthema im Bereich Nachhaltigkeit.

Regulierung spielt in der Pharmaindustrie in Sachen Verpackung eine zentrale Rolle; so wird die Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) mittelfristig auch die Pharma- und Medizintechnik-Branche betreffen. Zwar gilt die Verordnung zunächst nicht für die Verpackung von Medizingütern und Pharmazeutika - hier gelten Übergangsfristen bis 2035 bzw. 2040, dennoch ist für die Branche schon heute Handeln angesagt. Wie intensiv die Branche bereits an Lösungen arbeitet, wird auch auf der interpack 2026 sichtbar – von kreislauffähigen Blistermaterialien bis hin zu digitalisierten Produktionslinien.

Kreislauffähige Materialien für Pharmaprodukte

Das Thema Nachhaltigkeit rückt daher immer mehr in den Fokus. Einige Lösungen – etwa wiederverwendbare und nachfüllbare Verpackungen – werden für Pharmazeutika zwar nur schwer zu realisieren sein, ebenso wie der Einsatz von Rezyklaten, dem strenge regulatorische Grenzen gesetzt sind. Im Bereich Primärverpackung haben Packmittel- und Folienhersteller in den letzten Jahren aber bereits eine Reihe nachhaltiger Alternativen entwickelt, etwa für Standardblisterpackung aus PVC und Aluminium. Hier sind erste Lösungen schon auf dem

Markt, bei denen Form- und Deckfolie aus PET oder PP oder sogar aus papierbasierten Materialien mit Barriere bestehen.

In einem gemeinsamen Projekt haben etwa vier Verpackungsunternehmen einen Polypropylen-Pharmablister entwickelt, der den strengen Anforderungen der Pharmaindustrie entspricht. Das Material von PP-Blisterfolienhersteller Etimex wurde dazu auf einer modernen Blistermaschine von interpack-Aussteller Uhlmann Pac-Systeme unter realistischen Bedingungen auf Praxistauglichkeit getestet und optimiert.

Viele Maschinenhersteller sind nicht untätig gewesen und setzen auf die Verarbeitung der nachhaltigen Verpackungsmaterialien. Romaco produziert auf seiner neuen Plattensiegelmaschine Noack N 760 Blisterpackungen aus recycelfähigem PET-Monomaterial. Sie erzielt bei der Herstellung der PET/PET-Blister im vierbahnigen Betrieb eine maximale Ausbringung von bis zu 150 Blistern pro Minute. Die universell einsetzbare getaktete Blistermaschine eignet sich zur Verpackung einer sehr breiten Produktpalette, angefangen bei festen Arzneiformen über Ampullen und Medizinprodukte bis hin zu halbfesten Formen.

Digitalisierung und Robotik im Pharmaprozess

Modularität, Automatisierung und Robotik zeichnen die jüngsten Maschinenentwicklungen aus. Zahlreiche dieser Technologien sind erstmals auf der interpack einem breiten Fachpublikum vorgestellt worden und prägen seither die Produktionsprozesse.

Für sichere Primärverpackungen für sensible Medikamente sorgt eine Technologie von Steriline. Das Unternehmen kombiniert Robotik mit einem 3D-Vision-System (3D CPS), um Partikelemissionen zu reduzieren und flexible, kontaminationsarme Produktionsprozesse zu ermöglichen. Das System erkennt Objekte im Arbeitsbereich und passt seine Bewegungen in Echtzeit an. Dadurch können herkömmliche Zuführsysteme wie Trichter oder Vibrationsschalen ersetzt werden. Entwickelt wurde das 3D CPS gemeinsam mit ISS – Innovative Security Solutions, einem Spin-off des Politecnico di Milano. Mit der Zusammenarbeit wollen beide Unternehmen pharmazeutisches Prozess-Know-how mit modernster Robotik und Bildverarbeitung verbinden.

Auch Christ Packing Systems setzt auf Innovation: Das Unternehmen aus Ottobeuren hat ein Patent für eine neuartige Siegeleinheit erhalten, die gezielt für die Anforderungen der Pharma- und Medizintechnik entwickelt wurde. Anders als herkömmliche Maschinen, die von unten versiegeln, erfolgt das Siegeln bei der FilmTeq 250 von oben. Laut Hersteller bleibt der Siegeltisch dadurch unbeheizt, was die Aufwärmung des Produkts vermeidet und den Kühlaufwand verringert. Das Top-Down-Verfahren ermöglicht zudem eine kompaktere Maschinenkonstruktion mit geringerem Platzbedarf.

Maschinenbauer wie Syntegon profitieren stark von der Dynamik des Pharmamarktes: 2024 erzielte das Unternehmen ein Rekordergebnis, angetrieben durch die steigende Nachfrage nach aseptischen Komplettlösungen. In diesem Jahr präsentierte der Systemanbieter ein neues Linienkonzept für flüssige Pharmazeutika, das gemeinsam mit zwei Partnern aus der Pharmaindustrie entwickelt wurde. SynTiso sorgt auf kleinerer Fläche für einen schnelleren aseptischen Transport und bis zu 50 Prozent kürzere Chargenwechsel. Bei 100-prozentiger In-Prozess-Kontrolle werden bis zu 600 Spritzen, Vials oder Karpulen pro Minute verarbeitet – laut Syntegon eine im Markt bislang noch nie dagewesene Geschwindigkeit. Diese sei unter anderem in der Impfstoffherstellung ein wichtiger Faktor. Die Anlage eignet sich zudem für die Abfüllung ready-to-use (RTU) Behältnisse.

Smarte Verpackungen: Von NFC bis Funktionslabel

Neben der ökologischen Dimension rücken weiter digitale und funktionale Mehrwerte in den Fokus. Verpackungen werden zunehmend

mit RFID-Chips, NFC-Labels und batterielosen Bluetooth-Sensoren ausgestattet, um in Echtzeit Daten zu Standort, Temperatur oder Zustand der Verpackung zu erhalten. Smarte Blister können sogar noch mehr: über Sensoren registrieren sie die Entnahme einzelner Tabletten und speichern so Dosierzeiten. Einen wichtigen und zugleich nachhaltigen Originalitätsschutz bieten Sicherheitsetiketten wie die papierbasierten VOID-Labels von Securikett, die neben dem Manipulationsschutz zusammen mit der Faltschachtel, die sie verschließen, recyclingfähig sind. Und die Verwendung von elektronischen Beipackzetteln spart nicht nur Papier, sondern erleichtert auch den Informationszugang für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die interpack 2026 wird erneut maßgeschneiderte Lösungen und innovative Konzepte entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Pharmaverpackung abbilden.

Fest steht: Unternehmen, die schon heute in Forschung, digitale Infrastruktur und kreislauffähige Materialien investieren, werden sich langfristig Wettbewerbsvorteile sichern. Denn künftig wird es weniger um den reinen Wirkstoff gehen, sondern auch darum, wie sicher, nachhaltig und intelligent ein Medikament zum Patienten gelangt.